Gesehen & verstanden werden
Das Verhalten des eigenen Hundes stellt uns Hundehalter immer mal wieder vor Rätsel. Viele Verhaltensweisen deuten wir positiv oder sie stören uns nicht, sodass wir – ohne Leidensdruck – keinen Grund für oder Wunsch nach Veränderung sehen.
Leidensdruck entsteht dann, wenn mit dem Verhalten des Hundes auch persönliche Trigger ins Spiel kommen. Das Verhalten x nervt uns, ist uns peinlich, macht uns wütend oder traurig. Maßgeblich für die Entscheidung, der Hund müsse das Verhalten x ablegen, liegt also in unserem persönlichen Empfinden, der Reaktion von außen, unserer Sozialisation.
Verhalten – egal ob wir es als positiv, negativ, angebracht oder unangebracht empfinden – ist niemals grund- und absichtslos und immer kommunikativ.
(Übrigens gilt das für Menschen wie Hunde gleichermaßen!) Ordnen wir nun das Verhalten des Hundes als negativ und unangebracht ein und verhindern es (oder versuchen es zumindest), nehmen wir dem Hund die Möglichkeit über sein Verhalten mit uns in Kontakt zu treten. Damit entgeht uns die Möglichkeit zu verstehen, was ihn dazu veranlasst so zu reagieren. Wir machen ihn nur „mundtot“ ohne seine Bedürfnisse verstanden zu haben. Die Situation, in der der Hund das aus unserer Sicht negative und unangebrachte Verhalten zeigt, ist meist nur der Peak einer fehllaufenden Kommunikation. Und die beginnt in der Regel nicht kurz vor der Situation, sondern im alltäglichen Umgang.
Wir wollen bei unserer Arbeit den Hund mit seinem Menschen ganz (betrachten) und gern sehen (beide annehmen wie sie sind). Auf der Grundlage, gesehen und verstanden zu werden, bauen wir dann individuelle Lösungen für Probleme und Fragestellungen auf. Denn klar ist: Ein Hund sollte seine Artgenossen nicht anbellen (müssen), Menschen beißen (müssen) oder an der Leine ziehen (müssen). Solange er es tut, muss er es, weil sein Bedürfnis an anderer Stelle noch nicht verstanden wurde.